JAZZCLUB - Der frühe Vogel fängt den Wurm

Helge Schneider, DE, 2004
84 min., dt. OV
Spielfilm
#de Helge Schneider! Ein Name wie Chet Baker. Nur anders halt. Wer noch nie einen echten Schneider gesehen hat, der sollte sich was schämen. Ab in die Ecke! Strafmütze auf. Helge ist im Kino! Sogar mit Story. Und Jazz dazu. Perfekt wie eine gute Dauerwelle.

#en The life of a Jazzplayer: Teddy Schu (Helge Schneider) loves Jazz and plays nightly in a small pub with his two friends. Sadly, there is no audience and the owner can't pay them anything for their music. Hence Teddy has to work 3 jobs to satisfy his grumpy wife. In the evenings he always finds a minute to sit with a homeless and nameless friend underneath the bridge and wonder about life and the legendary Jazz player Earl Mobileh. Jazz meets Dada!
Viel­leicht sollte man es gar nicht verraten. Aber irgend­wann fliegt der Bluff sowieso auf: Helge Schneider, meist als alberner Spaß­ma­cher ange­priesen, ist einer der großen Künstler dieser Republik. Dass er ein fabel­hafter Jazzer ist, hat sich ja schon rumge­spro­chen. Und Cineasten ließ schon Praxis Dr. Hasenbein ahnen, dass er als Filme­ma­cher was weiß von frühem Kino und europäi­schem Auto­ren­film.

Beim ersten Film, über den er volle kreative Kontrolle hatte, wird’s unüber­sehbar. Nicht nur, weil Schneider (einst Kino­pi­anist!) eine richtige kleine, hinreißende Stummfilm-Sequenz eingebaut hat. Der Film hat auch sonst mit Achtern­busch oder Antonioni tausendmal mehr am Hut als mit dem Gegacker und Geacker des deutschen »Comedy«-Betriebes.

Freilich ist er auch hoch­gra­digst lustig – sein verquerer Humor ist aus Helges Lebens­ge­fühl nicht wegzu­denken. Aber wie sein uner­schüt­ter­lich gutmü­tiger Held Teddy Schuh mit unzäh­ligen Minijobs jongliert, während alle andern immer nur spazie­ren­gehen, schlafen und teetrinken zu scheinen, nur damit er abends brotlosen Jazz spielen kann, den keiner hören will – wie er als Callboy dicke Haus­frauen beglückt, Rentnern Simmel vorliest, Fische verkauft und im strö­menden Frühmorgen-Regen patsch­nasse Zeitungen austrägt: Das hat was vom großen Kampf der kleinen Kreatur. (Sämtliche Hirn­re­gionen des Menschen laut Helge: »Kucken, Kacken, Packen, Picken«.)

Jazzclub ist ein unglaub­lich relaxeder Film, der die Dinge mit Ruhe und Liebe beob­achtet. Welch anderer deutscher Streifen hätte je mehr Jazz-Feeling verströmt? Und alles ist so schön hand­ge­zim­mert und leicht angeranzt: Ein perfektes »Nein« zur durch­de­signten Welt. Dazu mit seinem authen­ti­schen, etwas melan­cho­li­schen Bild von Helges Heimat Mülheim auch einer der schönsten Filme über Provinz. Auch wenn’s keiner glauben wird: Im deutschen Nach­kriegs­kino gibt’s wenig, was mit Jazzclub mithalten könnte.