FIKKEFUCHS

Jan Henrik Stahlberg, DE, 2017
101 min., OmeU
Spielfilm
Willkommen im Reich der Würstchen und Möchtegern-Casanovas, der Pick-up-Artists und Dauergeilen, der Flatrate-Sex-Konsumenten und Internetporno-Junkies, der Loser und Sexisten, willkommen in der Welt der ganz normalen Männer beziehungsweise dem, was übrig bleibt, wenn die zivilisatorische Maske fällt. In seiner Brachialsatire Fikkefuchs mit tragischem Einschlag geht der Regisseur, Co-Drehbuchautor und Hauptdarsteller Jan Henrik Stahlberg ohne Netz und doppelten Boden dahin, wo der Kern aller postmodernen/postfeministischen Verunsicherung liegt – nämlich zwischen die Beine und auf die Eier – und hält seinen Geschlechtsgenossen den Spiegel vor, dass man vor Fremd- und Selbstscham weinen könnte und zugleich Tränen lacht.

Bitte um Reservierung und Abholung mindestens 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn. Beim Ticketkauf und Einlass gilt nach wie vor Maskenpflicht.

Schon vorab sorgte der Film für Aufsehen. Weil das Plakat von „Fikkefuchs“ zu provokant war, musste es an einigen Orten entfernt werden. Dazu dürften die meisten Kinogänger wohl schon beim Titel des Filmes aufgehorcht haben. Das passt natürlich sehr gut ins Bild von Regisseur und Autor Jan Henrik Stahlberg, der gern und regelmäßig mit seinen Filmen aneckt. Ohne Einmischung von Filmstiftungen und wirklichen Sponsoren hat er hier eine Tragikomödie entwickelt, in der er sich um keinerlei Tabus sorgt. Die alte Thematik mit Männern, Frauen und dem Sex geht er dabei auf eine Art an, wie sie wohl selten im Mainstream-Kino zu sehen war. Ob es um Scheiße in der Badewanne, Kotze im Gesicht, Hardcore-Szenen aus Porno-Zwischenschnitten, extrem frauenfeindlichen Hip Hop oder Nahaufnahmen vom weiblichen Schambereich geht: Grenzen des guten Geschmacks hat sich der „Fikkefuchs“ nicht gesetzt.

Das führt zu einem Film, der unangenehm bis abstoßend wirkt, deswegen aber nicht schlecht ist. Auch wenn die beiden Protagonisten sexistische Armleuchter sind, die sich für Geschenke an die Frauenwelt halten, sind sie doch menschlich. So entsteht ein Film, der stellenweise wirklich witzig, dann aber auch wieder tragisch ist. Wenn Thorben frisch in Berlin angekommen ist und das Holocaust-Mahnmal für einen „Lustgarten“ hält, durchläuft der Film alles, was von urkomisch bis schmerzhaft auf der Skala zu finden ist. Hinzu kommt, dass der aktuelle Hollywood-Skandal dem ganzen noch unbeabsichtigten Zeitgeist verleiht. Die beiden Hauptdarsteller liefern absolut kompromisslose Auftritte. Ob es um die Fähigkeit, sich selbst zu veralbern, eklige bis schamlose Sachen zu machen, oder einfach nur um Nacktheit geht, kennen Jan Henrik Stahlberg als Pseudo-Philiosoph und -Casanova und Franz Rogowski als treudoofer Thorben keine Einschränkungen.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass Stahlberg selbst einen allgemein beliebten Film gar nicht will. „Fikkefuchs“ provoziert und schießt dabei oft über das Ziel hinaus. Das Gezeigte ist oft widerlich, verstörend und kaum erträglich. Dennoch bleibt ein handwerklich gut gemachter, interessanter, durchaus cleverer und über alle Maßen unkonventioneller Film, den aber wohl niemand mehr als ein Mal über sich ergehen lassen wird. (Leinwandreporter)