TO THE NIGHT
Mit: Caleb Landry Jones, Eléonore Hendricks, Jana McKinnon, Christos Haas, Abbey Lee
Peter Brunner verlangte seinen Darsteller/ innen alles
ab. In To the Night gibt sich Caleb Landry Jones vollkommen der Figur Norman hin, ein exzessiver, obsessiver, traumatisierter
Mensch, der einzige Überlebende eines Feuers, in dem seine Eltern starben. Als Künstler und Vater will er für seine Frau und
seinen Sohn ein gutes Leben, scheitert aber jeden Tag deutlicher. Ein Film wie eine unbarmherzige Erinnerungsmaschine, der
niemand entkommt.
Norman, der einzige Überlebende eines tragischen Brandunfalls, bei dem seine Eltern
umkamen als er noch ein Kind war, kämpft seither mit dem Gefühl einer Schuld, von der er nicht weiss ob er sie trägt. Gemeinsam
mit seiner Freundin Penelope und seinem 8 Monate alten Sohn Caleb versucht Norman ein neues Leben aufzubauen und die Familie
zu schaffen, die er nie hatte. Doch die Vergangenheit holt ihn eines Nachts wieder ein, als Norman seinen besten Freund, den
blinden Andi, aus einer brennenden Wohnung rettet. Normans Erinnerung wird neu entfacht und er begibt sich auf eine beispiellose
Suche bei der er den Spuren der Flammen folgt, deren Kräfte ihn nun heilen sollen.
Norman (Caleb Landry Jones)
weiß nicht, wie er leben soll. Zu oft erinnert er sich an ein Feuer, bei dem seine Eltern starben. Seit Kurzem ist Norman
selbst Vater. Er ist Freund, Künstler, exzessiv, obsessiv, rastlos und getrieben. To the Night ist die immersive,
introspektive Darlegung einer Figur, die nicht vorrangig verbal auf sich selbst reflektiert, sondern sich mit ihren Lebenserfahrungen
körperlich auseinandersetzt – sie zur Not noch einmal zu durchleben sucht. Norman überschreitet dafür immer wieder Grenzen,
oft im Namen der Kunst. Eine Obsession, die rings um ihn alle(s) zersetzt.
Filmisch erzeugt Peter Brunner mittels assoziativer
Bilder und durch die allmähliche Veränderung der aspect ratio eine Spirale, in die sich Norman so unablässig tief
hineinbewegt (bewegen muss), als wäre er ein Taucher mit Orientierungsverlust. Den/ die Zuseher/in reißt er dabei mit. Film
und Figur werden auf diese Weise gemeinsam bedeutend: eine Erinnerungsmaschine, der niemand entkommt.
(Katalogtext,
az)
Der Mensch, der mit seinem Körper im Streit liegt, die Narration des Körpers und die Beziehung zum eigenen
Körper stellen für mich ein umfassendes und extrem aktuelles Thema dar. Auch die Beziehung zu anderen Menschen, die Beziehung
zur Welt, basierend auf der Idee, dass wir lebendige Menschen in einer physischen Welt sind. Ich denke nach wie vor, dass
der Körper der letzte Schrei im 21. Jahrhundert ist und es gefährlich wäre wegzuhören. Wir leben in einer Welt, in der wir
viele Kausalitäten nicht mehr begreifen können und uns stattdessen auf Technologien verlassen. Wollen wir, dass uns intelligente
Algorithmen sagen, wann wir den Klogang verrichten sollen und uns lieben sollen? Was unterscheidet uns von diesen idealisierten
Eispalastfantasien? Dass wir leiden können und Gefühle haben? Mir geht es um ein elementares und ekstatisches Fühlen.
(Peter
Brunner)
Brunners ästhetische Sensibilität ist der eines Leinwandtraumwandlers wie Andrei Tarkowski viel näher.
Seine Filme sind phantasmagorische Streifzüge durch das Fantasie- und Erinnerungsdickicht versehrter Figuren, sie oszillieren
zwischen Härte und Sanftmut, Surrealismus und Sinnlichkeit und bleiben stets unerschrocken frei in Montage und Narration.
(Andrey Arnold, Die Presse)